Wenn man übergewichtig ist und sich denkt: „Ich fang jetzt mit dem Laufen an“, gibt es ein paar Dinge, die man unbedingt wissen sollte – um motiviert zu bleiben, sich nicht zu verletzen und langfristig Spaß daran zu haben. Dieser Beitrag hilft dir mit konkreten Tipps für Körper und Kopf.
1. Lass dich nicht von Laufplänen entmutigen
Viele Trainingspläne setzen voraus, dass bereits eine gewisse Grundfitness vorhanden ist. Wer übergewichtig ist oder lange keinen Sport gemacht hat, startet oft an einem ganz anderen Punkt – und das ist völlig okay. Lass dich nicht demotivieren, wenn du die angegebenen Zeiten oder Distanzen (noch) nicht erreichst. Du gehst deinen eigenen Weg.
2. Vergleiche dich nicht mit anderen (besonders nicht im Internet)
Jeder Körper ist anders. Manche Menschen machen schnell Fortschritte, andere brauchen länger – gerade mit höherem Gewicht. In den sozialen Medien sieht man häufig nur Extreme: schnell, schlank, durchtrainiert. Das hat mit der Realität von Laufanfängern wenig zu tun. Bleib bei dir – du machst das für dich, nicht fürs Internet.
3. Setze dir realistische, kleine Ziele
Viele starten mit dem Ziel, irgendwann einen Halbmarathon zu laufen – das ist ein schöner Traum. Doch der Weg dorthin besteht aus vielen kleinen, machbaren Etappen: Heute 10 Minuten mit Gehpausen, nächste Woche vielleicht 15. Diese kleinen Erfolge zeigen dir: Du kommst voran – Schritt für Schritt.
4. Plane feste Laufzeiten ein
Im hektischen Alltag ist es schwer, Zeit zu finden. Starte mit zwei fixen Lauftagen pro Woche und steigere dich nach und nach auf drei- bis viermal – wenn du möchtest. Feste Tage helfen bei der Routine, aber wenn dich das stresst, sag dir einfach: „Ich gehe diese Woche zweimal laufen – wann genau, entscheide ich spontan.“
5. Laufen ist nicht der einzige Weg
Gerade zu Beginn kann durchgehendes Laufen zu belastend sein. Ergänze dein Training mit gelenkschonenden Bewegungsformen wie Schwimmen, Radfahren, Walken oder Wassergymnastik. Das verbessert deine Ausdauer, bringt Abwechslung – und überfordert deinen Körper nicht.
6. Gutes Schuhwerk ist ein Muss
Ein stabiler, gut gedämpfter Laufschuh ist essenziell – besonders bei höherem Gewicht. Lass dich im Fachgeschäft beraten, idealerweise mit Laufanalyse. Gute Schuhe schützen Gelenke und Sehnen, beugen Überlastungen vor und machen das Laufen angenehmer.
7. Kleidung muss gut sitzen – und Scheuern verhindern
Wähle Kleidung, die gut verarbeitet ist und nicht einschneidet. Gerade bei Oberschenkeln, die aneinanderreiben, kann es sonst schnell zu Scheuerstellen kommen. Auch ein gut sitzender Sport-BH und funktionale Unterwäsche machen den Unterschied – für Komfort und Motivation.
8. Starte mit Lauf-Geh-Intervallen
Es ist völlig normal, anfangs keine fünf Minuten durchzulaufen. Beginne mit Intervallen – z. B. 1 Minute laufen, 1 Minute gehen, insgesamt 20–30 Minuten. So gewöhnst du deinen Körper sanft an die Belastung. Du wirst sehen: Mit der Zeit werden die Laufanteile ganz von allein länger.
9. Weniger ist oft mehr – gönn dir Pausen
Gerade mit mehr Gewicht benötigt der Körper ausreichend Regeneration. Zwei bis drei Einheiten pro Woche mit Ruhetagen dazwischen sind ein guter Start. Zu häufiges Training ohne Pause kann zu Schmerzen, Überlastung und Frust führen – und den wollen wir vermeiden.
10. Höre auf deinen Körper oder trainiere nach Puls
Dein Körper ist der beste Gradmesser: Wenn du dich beim Laufen noch unterhalten könntest („Schnaufen statt Keuchen“), passt dein Tempo.
Wenn du eine Laufuhr hast, kannst du zusätzlich nach Puls trainieren – idealerweise im Zone-2-Bereich. Das ist der Bereich, in dem du deine Ausdauer am besten und schonendsten verbesserst.
So findest du deine Zone 2:
- Maximale Herzfrequenz = 220 – Lebensalter
(Beispiel: 220 – 40 = 180 bpm) - Zone 2 = ca. 60–70 % der maximalen Herzfrequenz
→ also zwischen 108 und 126 bpm im Beispiel
Ja, das bedeutet am Anfang oft ein langsames Tempo – vielleicht langsamer, als du es dir vorgestellt hast. Aber genau da passiert die Magie: Du wirst besser, ohne dich zu überfordern.
11. Gib deinem Körper Energie – zur richtigen Zeit
Du musst keine Diät machen, um mit dem Laufen anzufangen – aber dein Körper braucht Energie, um Leistung zu bringen. Achte darauf, nicht mit leerem oder zu vollem Magen zu starten: Iss idealerweise 2–3 Stunden vor dem Laufen eine normale Mahlzeit. Wenn du vorher Hunger bekommst, reicht ein kleiner Snack wie eine halbe Banane oder ein Müsliriegel.
Auch Trinken ist wichtig: Schon vor dem Training ausreichend Wasser oder ungesüßten Tee trinken – wer mehr schwitzt, verliert auch mehr Flüssigkeit. Bei Hitze: Nimm etwas zu trinken mit oder plane einen Trinkbrunnen oder Supermarkt auf deiner Route ein. So bleibt dein Körper leistungsfähig – ohne Seitenstechen oder Kreislaufprobleme.
Persönlich
Als ich 2018 mit dem Laufen anfing – damals mit circa 93kg Gewicht auf 169cm Körpergröße – hatte ich einen großen Wunsch: irgendwann mal einen Halbmarathon laufen. Heute, sieben Jahre später, bin ich ihn immer noch nicht gelaufen – und weißt du was? Das ist okay. Meine Zeit wird kommen.
Damals war ich hochmotiviert. Ich habe mich ständig mit anderen verglichen, Trainingspläne ausprobiert und genauso schnell wieder frustriert in die Ecke geworfen. Ich sah keine Fortschritte, spürte nichts – und hatte das Gefühl, nicht annähernd das zu leisten, was andere scheinbar mühelos auf Instagram & Co. präsentierten.
Diese typischen Pläne, die dich in sechs Wochen zu fünf Kilometern in 30 Minuten bringen sollen? Die haben bei mir nicht funktioniert. Nicht damals – und auch heute nicht. Es hat Jahre gedauert, bis ich das wirklich akzeptieren konnte.
Inzwischen stehe ich zwar immer noch auf Kriegsfuß mit den Trainingsempfehlungen meiner Garmin-Uhr, aber immerhin: Diese individuell zugeschnittenen Einheiten sind oft realistischer und machbarer als die Standardpläne.
Trotzdem bin ich manchmal frustriert, wenn der Fortschritt ausbleibt – nicht mehr, weil ich mich mit der Claudia von Instagram vergleiche, sondern, weil ich mich mit meinen eigenen Daten messe. Und obwohl ich längst weiß, dass Fortschritte nicht linear kommen, sondern in Wellen – manchmal geht wochenlang gar nichts, und plötzlich läuft es wie von selbst – nervt es mich trotzdem. Und das ist auch in Ordnung so.
Mach dich auf diese Berg-und-Tal-Fahrt gefasst.
Fazit
Laufen kann eine wunderbare Form der Bewegung sein – auch (und gerade) für übergewichtige Menschen. Wichtig ist, dass du dir selbst Zeit gibst, in deinem Tempo läufst und auf deinen Körper hörst. Mit guter Ausrüstung, realistischen Zielen und kleinen Schritten kannst du langfristig fit werden – und dabei sogar Spaß haben.
Schreibe einen Kommentar zu bullion Antworten abbrechen