2020 brachte ich eine gesunde Tochter auf die Welt. Hurra!
Jedoch würde ich nicht behaupten, dass ich mich gut darüber informierte, was es bedeutete, schwanger zu sein.
Es kam, wie es kommen musste: Während der Schwangerschaft gab es kleinere Probleme, wie die allseits bekannte Übelkeit, welche entgegen der gesellschaftlichen Annahme nicht nur Morgens da war und mir sogar einige Tage Krankenhaus plus Infusion bescherte, sowie Schmerzen im mittleren Rückenbereich, die niemand so richtig behandeln wollte, weil der Bauch im Weg war, aber auch etwas größere Komplikationen wie 1,5 Liter Blutverlust bei der Geburt und die Diagnose Schwangerschaftsdiabetes.
Und davon hatte ich bis zum Test noch nie etwas gehört. Für den Fall, dass es dir auch so geht wie mir damals: Heute stelle ich dir diese doch recht häufige Schwangerschaftserkrankung vor.
Inhaltsverzeichnis
Hinweis!
Bitte beachte, dass die Informationen in diesem Text nicht den Besuch bei einem Arzt oder medizinisches Fachpersonal ersetzen können. Im Zweifelsfall sollte immer professionelle medizinische Beratung in Anspruch genommen werden.
Was ist Schwangerschaftsdiabetes
Schwangerschaftsdiabetes (Gestationsdiabetes, Gestationsdiabetes mellitus, kurz GDM) ist eine Störung des Blutzuckerstoffwechsels während der Schwangerschaft.
Typischerweise tritt sie ab der zweiten Hälfte der Schwangerschaft auf und wird durch eine erhöhte Ausschüttung von Hormonen wie Cortisol, Östrogen, Progesteron und Prolaktin verursacht. Dadurch steigt der Bedarf an Insulin. Gleichzeitig kann es aber dazu kommen, dass durch die Mehrproduktion der oben genannten Hormone der Körper mit der Produktion von Insulin und dem Mehrbedarf dadran nicht hinterherkommt. Es kann aber auch dazu kommen, dass die Zellen dem Insulin nicht mehr genügend Zucker abnehmen. Der Zucker bleibt im Blutkreislauf, was zu erhöhten Blutzuckerwerten führt.
Was ist Insulin?
Insulin zählt ebenfalls zu den Hormonen und ist sozusagen ein „Transporter-Hormon“: Es ist dafür zuständig, den Zucker (Glukose) von der Blutbahn in die Zellen zu transportieren.
Schwangerschaftsdiabetes ist per Definition keine chronische Krankheit, obwohl sie das Risiko für ein künftiges Auftreten einer Diabetes-Typ-2-Erkrankung erhöht. Wenn nach der Schwangerschaft weiterhin erhöhte Blutzuckerwerte festgestellt werden, muss dies als Typ-1, Typ-2 oder anders spezifizierter Typ klassifiziert werden.
Welche Faktoren begünstigen Schwangerschaftsdiabetes?
Verschiedene Faktoren können die Entstehung eines Schwangerschaftsdiabetes begünstigen:
- Hohes Alter
- Übergewicht
- Körperliche Inaktivität
- Unausgewogene bzw. zuckerreiche Ernährung
- Familiäre Vorbelastung
- Vorherige Geburt eines Kindes, mit einem Gewicht von über 4500g
- Vorherige Schwangerschaft, bei der bereits ein Schwangerschaftsdiabetes vorgelegen hat
Wie wird Schwangerschaftsdiabetes festgestellt?
Zwischen der 24. und 27. Schwangerschaftswoche soll das Screening auf Gestationsdiabetes erfolgen. Es handelt sich hierbei um ein standardisiertes Verfahren, welches in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über die ärztliche Betreuung während der Schwangerschaft und nach der Entbindung („Mutterschafts-Richtlinien“) festgelegt und jeder Schwangeren ermöglicht werden soll.
Dies beinhaltet einen Glukosetoleranztest, bei dem nach dem Trinken einer Glukoselösung Blut abgenommen wird, um die Plasmaglukosekonzentration zu messen.
Für den Test gilt folgender Grenzwert:
nach 1 Stunde | ≥ 7,5mmol/l (135mg/dl) |
Wird dieser Wert überschritten, bedeutet dies nicht gleich, dass ein Schwangerschaftsdiabetes vorliegt. Da dieser Test unabhängig von Tageszeit und Zeitpunkt der letzten Nahrungsaufnahme durchgeführt wird bzw. werden kann, haben Untersuchungen gezeigt, dass die Werte unterschiedliche ausfallen können. Deshalb war und ist er umstritten. Aufgrund dieser Erkenntnis wird bei einem positiven ersten Test, ein zweiter, genauerer Test durchgeführt.
Es wird ein oraler Glukosetoleranztest (OGTT) mit 75 g Glukoselösung durchgeführt. Hierfür werden die Nüchternblutwerte benötigt, weshalb 8 Stunden vorher nichts gegessen werden darf. Insgesamt werden bei diesem Test drei Werte gemessen: der Nüchternwert, der Wert nach einer Stunde und nochmals der Wert nach zwei Stunden.
Für diesen Test gelten folgende Grenzwerte:
Nüchtern | ≥ 5,1mmol/l (92mg/dl) |
Nach 1 Stunde | ≥ 10,0mmol/l (180mg/dl) |
Nach 2 Stunden | ≥ 8,5mmol/l (153mg/dl) |
Ist bei diesem zweiten Test ebenfalls ein Wert oder mehrere außerhalb der Grenzwerte, so liegt ein Schwangerschaftsdiabetes vor.
Welche Risiken birgt Schwangerschaftsdiabetes?
Schwangerschaftsdiabetes birgt Risiken für Mutter und Kind während und nach der Schwangerschaft. Eine der wichtigsten Komplikationen ist das übermäßige Wachstum des Fötus, das die Geburt erschweren und das Risiko von Geburtsverletzungen erhöhen kann. Ein höheres Geburtsgewicht erhöht auch die Wahrscheinlichkeit eines Kaiserschnitts.
Das Neugeborene kann nach der Geburt Anpassungsschwierigkeiten haben, darunter Hypoglykämie, Atemprobleme und Gelbsucht. Langfristig haben Kinder von Müttern mit Gestationsdiabetes ein erhöhtes Risiko für Übergewicht, Diabetes-Typ-2 und andere Stoffwechselstörungen.
Für die Mutter besteht ein erhöhtes Risiko an Harnwegsinfekten und Bluthochdruck zu leiden. Schwangerschaftsdiabetes kann auch das Risiko für Präeklampsie erhöhen, eine lebensbedrohliche Komplikation. Langfristig erhöht sich das Risiko an einen Diabetes-Typ-2 zu erkranken.
Wie wird Schwangerschaftsdiabetes behandelt?
Nach Bestätigung der Diagnose wird die Frau an einen Diabetologen überwiesen. Dieser legt den Behandlungsplan fest. Die Behandlung des Schwangerschaftsdiabetes zielt darauf ab, die Blutzuckerwerte in bestimmten Zielbereichen zu halten, um die Risiken für Mutter und Kind zu minimieren. Eine Ketose oder Hypoglykämie (Unterzuckerung) soll vermieden werden.
Die meisten Behandlungen von Schwangerschaftsdiabetes beginnen mit einer Ernährungsumstellung. Diese orientiert sich meist an der Ernährungspyramide der Deutschen Gesellschaft für Ernährung und ist in 80 Prozent der Fälle auch ausreichend. Zusätzlich wird, wenn der Frauenarzt nichts dagegen hat, mehr Bewegung empfohlen.
Die Kontrolle erfolgt durch Blutzuckermessungen, die die Schwangere nach Anweisung des Diabetologen selbst durchführt. Häufig handelt es sich anfangs um ein 4-Punkte-Profil. Das bedeutet, dass viermal täglich der Blutzuckerwert gemessen und notiert wird.
Die Zielwerte hierfür sind oft:
Nüchtern | < 5,3mmol/l (95mg/dl) |
1 Stunde nach dem Essen | < 7,8mmol/l (140mg/dl) |
Eine weitere Kontrolle findet beim Frauenarzt statt. Er dokumentiert den Wachstumsverlauf deines Kindes. Per Ultraschall misst er den Bauchumfang und den Kopfumfang. Außerdem beobachtet er die Entwicklung des Fruchtwassers.
Der Diabetologe wertet die Aufzeichnungen der Schwangeren und die Dokumentation des Gynäkologen aus. Daraus leitet er ab, ob die bisherige Behandlung beibehalten werden kann oder ob sie geändert werden muss.
Wird bei Schwangerschaftsdiabetes auch Insulin verschrieben?
In manchen Fällen kann es notwendig sein, Insulin zu spritzen. Dies kann der Fall sein, wenn die Blutzuckerwerte trotz Ernährungsumstellung und Bewegung erhöht bleiben oder wenn das Wachstum des Kindes stark zunimmt. Das gespritzte Insulin kann das ungeborene Kind nicht erreichen, da das Hormon die Plazentaschranke nicht passieren kann.
Was ist für die Geburt mit Schwangerschaftsdiabetes zu beachten?
Schwangerschaftsdiabetes kann eine Risikoschwangerschaft darstellen, die besondere Aufmerksamkeit während der Geburt erfordert. Es wird empfohlen, in einem Krankenhaus mit entsprechender neonatologischer Versorgung (Perinatalzentrum Level 1 und 2) zu entbinden, um möglichen Komplikationen angemessen begegnen zu können. Dies ist jedoch nur eine Empfehlung.
Bei der Wahl der Geburtsstätte ist auch zu berücksichtigen, dass bei Komplikationen eine Verlegung oder ein Transport in ein Krankenhaus notwendig werden kann. Dies kann zu einer Trennung von Mutter und Kind führen.
Das alleinige Vorliegen eines Schwangerschaftsdiabetes ist kein Grund, dass ein Kaiserschnitt durchgeführt werden muss.
Wie sieht die Nachsorge bei Schwangerschaftsdiabetes aus?
Nach der Geburt werden die Blutzuckerwerte noch einige Tage lang von der Frau gemessen und protokolliert. Sind die Werte weiterhin auffällig, werden weiterführende Tests veranlasst, um festzustellen, ob ein Diabetes Typ 1 oder Typ 2 vorliegt.
Danach sollte die Frau ihre Blutzuckerwerte regelmäßig beim Hausarzt kontrollieren lassen. Dies ermöglicht eine kontinuierliche Überwachung des Stoffwechsels und eine frühzeitige Intervention bei abnormalen Werten. Der Hausarzt kann auch bei der Entwicklung eines langfristigen Managementplans für die Kontrolle des Blutzuckerspiegels unterstützen und gegebenenfalls weitere medizinische Untersuchungen oder Beratungen empfehlen.
Insgesamt ist die Nachsorge bei Schwangerschaftsdiabetes ein kontinuierlicher Prozess mit dem Ziel, die Gesundheit von Mutter und Kind langfristig zu sichern.
Schlusswort
Nach einer turbulenten Schwangerschaft und der Geburt meiner Tochter wurde mir bewusst, wie wichtig es ist, über Schwangerschaftsdiabetes Bescheid zu wissen. Deshalb habe ich meine Erfahrungen niedergeschrieben, um anderen in ähnlichen Situationen zu helfen. Ich hoffe, dass meine Informationen hilfreich sind.
Quellen
Bücher: Schuh, Heike (2014). Diabetes in der Schwangerschaft: Der Ratgeber für Schwangere mit Gestationsdiabetes*. Kirchheim Verlag, 2. Edition
Internet: AWMF. S3-Leitlinie Gestationsdiabetes mellitus (GDM), Diagnostik, Therapie und Nachsorge. https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/057-008.
Foto: Luma Pimentel auf Unsplash.com
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Bitte beachte, dass die Informationen in diesem Text nicht den Besuch bei einem Arzt oder medizinisches Fachpersonal ersetzen können. Im Zweifelsfall sollte immer professionelle medizinische Beratung in Anspruch genommen werden.
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